Über uns

Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54“

 Die Gründung

Am 19. Februar 1995 fanden sich 19 Personen im Haus Lindenstraße 54 auf Initiative des Bürgerrechtlers Dr. Rudolf Tschäpe (gest. 2002) ein und gründeten die „ Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54". Vorrangiger Vereinszweck war die Erhebung des Ortes auf Dauer zur Gedenkstätte. In der am selben Tag noch beschlossenen Satzung wurde dafür u.a. der Erwerb der Skulptur „Das Opfer“ von Wieland Förster mittels privater und öffentlicher Spenden und deren Aufstellung im Innenhof der Lindenstraße 54 als Vereinszweck bestimmt. Dies sollte die Widmung des Komplexes zur Gedenkstätte wirksam befördern. Zum Vorsitzenden wurde der Astrophysiker Dr. Rudolf Tschäpe gewählt. Zu den Unterzeichnern der Satzung zählten z.B. der Direktor und Stiftungskonservator der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Sanssouci Dr. Karl-Heinz Schönemann, die Stadtverordneten Dr. Norbert Lademann und Christian Seidel sowie der Historiker Thomas Wernicke. Es wurde auch von Anfang an Wert darauf gelegt, in einem ausgewogenen Verhältnis Mitglieder aus dem Osten, etwa die Leiterin der Außenstelle Potsdam der Stasi Unterlagenbehörde Gisela Rüdiger und die spätere kommissarische Leiterin der Gedenkstätte Lindenstraße Gabriele Schnell, und aus dem Westen, z.B.den Vizepräsidenten des Bezirksgerichts Potsdam und späteren Präsidenten des Landgerichts Frankfurt (Oder) Jürgen Herzler sowie den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Potsdam Claus Peter Ladner, einzubinden.

 

Schon am 22. November 1995 konnte im Innenhof "Das Opfer" der Stadt Potsdam unter Beteiligung zahlreicher Repräsentanten aus Politik und Gesellschaft feierlich als Geschenk übergeben werden. Kurz zuvor hatte die Stadtverordnetenversammlung dem Wunsch der Fördergemeinschaft entsprechend die Lindenstraße 54/55 zur Gedenkstätte erklärt. Die Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54“ war deshalb der maßgebliche Initiator und Geburtshelfer der Gedenkstätte Lindenstraße. Ohne das beharrliche Betreiben des Vereins hätte es die Gedenkstätte vermutlich nicht, jedenfalls nicht schon zu diesem Zeitpunkt gegeben.

Der Beginn des Gedenkstättenbetriebs

 

Bereits Ende 1995 setzte auch schon ein reger Gedenkstättenbetrieb unter kommissarischer Leitung von Gabriele Schnell und mit ständiger Unterstützung und Begleitung der Fördergemeinschaft und von Dr. Hans-Hermann Hertle und Prof. Dr. Thomas Schaarschmidt vom Zentrum für Zeithistorische Forschung sowie vom Potsdam-Museum ein.

 

In der Zeit von Novembert 1995 bis August 1997 führte der Verein Lesungen und Diskussionsveranstaltungen mit Walter Kempowski, Bärbel Bohley, Heribert Prantl, Michael Wolffsohn und Konrad Weiß sowie Freya Klier, in der Folgezeit mit Ignatz Bubis, Joachim Gauck und Heinrich August Winkler sowie Wolfgang Pfaff und mit dem Superintendenten des Kirchenkreises Potsdam Hans Ulrich Schulz. Des Weiteren hat sich die Fördergemeinschaft auch in der Folgezeit jahrelang an der Programmplanung und Durchführung der erfolgreichen Reihe “Menschen unter Diktaturen” sowie an zahlreichen Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen und Wotkshops aktiv oder unterstützend beteiligt.

 

Die verschiedenen Nutzungsperioden wurden für die Öffentlichkeit durch fünf Ausstellungsmodule erschlossen, für die von der Fördergemeinschaft ebenfalls erfolgreich einige Förderanträge gestellt wurden.

 

Ohne Übertreibung kann deshalb gesagt werden, dass bereits ab Ende 1995 bis 2015 mit rein ehrenamtlicher Unterstützung der Fördergemeinschaft “Lindenstra0e 54” und in enger Zusammenarbeit mit dem ZZF und dem Potsdam-Museum ein volltauglicher Betrieb in der Lindenstraße 54 eingerichtet und aufrechterhalten worden ist und dies trotz in dieser Zeit völlig unzureichender Personal- und Finanzlage der Gedenkstätte.

 

Weitere Aktivitäten der Fördergemeinschaft “Lindenstraße 54”

 

Im Jahr 2002 ist auf Initiative der Fördergemeinschaft vom Bildungsministerium des Landes Brandenburg eine Schülerprojektwerkstatt in der Gedenkstätte eingerichtet und im Juni 2002 feierlich übergeben worden, nachdem zuvor ein Förderantrag der Fördergemeinschaft bei der Friedrich-Christian-Flick Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz positiv beschieden und der „Betsaal“ des Gefängnisses für Unterrichtszwecke hergerichtet und möbliert worden war. Danach fand hier quasi am Ort des schrecklichen Geschehens handgreiflicher Geschichtsunterricht durch die vom brandenburgischen Bildungsministerium abgeordnete Gedenkstättenpädagogin Katrin Eich für jährlich bis zu 5000 Schülerinnen und Schüler statt.

 

2009 wurde ebenfalls auf Initiative der Fördergemeinschaft der Gerichtssaal im Erdgeschoss des Haupthauses weitgehend in seiner historischen Form wiederhergestellt. Die Fördergemeinschaft hat sich auch mit Erfolg gegen ein Herausputzen des Haupthauses zu einem Barockpalais gewehrt und die Wiederanbringung der Fenstergitter, jedenfalls im Erdgeschoss durchgesetzt.

 

Die feierliche Überführung der Gedenkstätte Lindenstraße in eine Stiftung bürgerlichen Rechts, getragen je zur Hälfte von der Stadt Potsdam und dem Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, erfolgte im Februar 2016. Auch dies und der Entwurf der hierzu erforderlichen Satzung wurde von der Fördergemeinschaft inhaltlich und juristisch begleitet. Erste Leiterin und Vorständin der Gedenkstätte war bis Dezember 2020 die Historikerin Uta Gerlant. Ab 1. Juni 2021 ist die Historikerin Maria Schultz Leiterin und Vorständin der Gedenkstätte.

 

Ein weiteres wichtiges Projekt der Fördergemeinschaft im Sinne der Erinnerungskultur war die Aufstellung der NIKE 89 an der Glienicker Brücke am 10. November 1999, dem 10. Jahrestag der Wiedereröffnung der Brücke. Dieser Ort wurde ganz bewusst gewählt, weil hier die Grenze zwischen Ost und West verlief. Zudem war mit der Schenkung der Skulptur an die Stadt Potsdam die Verpflichtung zur Pflege des Platzes und zur Offenhaltung des Uferweges für die Allgemeinheit verbunden. Auch dieses Ziel wurde erreicht.

 

Seit 2009 führt die Fördergemeinschaft zusammen mit dem Oberbürgermeister und der Landesregierung jährlich am 13. August einen sogenannten Potsdamer MauerVerlauf durch, bei dem – unter beachtlicher Beteiligung der Bevölkerung – jeweils ein Abschnitt der ehemaligen Grenzlinie und Mauer abgelaufen oder mit dem Schiff abgefahren und an bestimmte Fluchtschicksale erinnert wird. Der 14. MauerVerlauf ist für den 13. August 2024 mit einem anschließenden Konzert des Liedermachers Stephan Krawczyk im Garten der Villa Schöningen geplant.

 

2012 wurde auf der Brücke die ehemalige Grenzlinie durch ein von der Fördergemeinschaft in den Bürgersteig eingelegtes Metallband dauerhaft dokumentiert.

 

Die Fördergemeinschaft hat mithin in rein ehrenamtlicher Tätigkeit seit 1995 ununterbrochen einen wesentlichen Beitrag geleistet, dass sich die Gedenkstätte beständig weiterentwickelt hat und zu einem für Potsdam und Brandenburg besonders wichtigen Ort der Erinnerung und der wissenschaftlichen Aufarbeitung der totalitären Gewalt und politischen Unterdrückung im 20. Jahrhundert, gleich welcher unseligen Epoche des Hauses, geworden ist. So ist es auch in der Satzung des Vereins festgeschrieben.

 

In diesem Sinne gedenkt die Fördergemeinschaft zusammen mit dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam und der Landesregierung seit vielen Jahren am 27. Januar, dem Tag der Befreiung von Auschwitz und seit 2005 dem Internationalen Tag der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus, in der Gedenkstätte der Opfer.

 

Am 10. November wird seit 1999 jährlich an der NIKE vor der Glienicker Brücke an die Wiedereröffnung der Brücke im Jahr 1989 und an die Opfer der Mauer erinnert.

 

Insgesamt hat die Fördergemeinschaft bisher an beiden Orten über 100 Gedenkveranstaltungen rein ehrenamtlich organisiert und durchgeführt.

 

Zudem beteiligt sich die Fördergemeinschaft ständig an Workshops und Aufarbeitungs- und Opferinitiativen und unterstützt mit gutachterlichen Stellungnahmen die Weiterentwicklung der Rehabilitierungsgesetze des Bundes.

 

Auch nach nunmehr fast 30jähriger Tätigkeit bleibt noch genügend zu tun. Die Fördergemeinschaft wird sich auch weiterhin einmischen und konstruktive Beiträge zur Verbesserung der Gedenkkultur in Potsdam und im Land Brandenburg einbringen. Jede natürliche oder juristische Person ist zur konstruktiven Unterstützung in der Verfolgung dieser Ziele aufgerufen.

 

Alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Potsdam und der umliegenden Gemeinden sind bei den Gedenkveranstaltungen und den MauerVerläufen herzlich willkommen.

 

Potsdam, 2. Juni 2024

Claus Peter Ladner Vorsitzender der Fördergemeinschaft „Lindenstraße 54"